20.223132 Auf bestehende indirekte Gegenvorschläge soll auf dem Abstimmungszettel hingewiesen werden. Förderung der demokratischen Transparenz

Grund des Vorstosses:

Gemäss heutiger Rechtssetzung bestehen keine ausdrückliche Regelung oder interne Weisung für die Bundeskanzlei, welche den Inhalt der Abstimmungszettel vorschreibt. Einzig aus dem Artikel 11 Absatz 2 BPR ist zu entnehmen, dass die Abstimmungsfrage der Vorlage auf dem Zettel enthalten sein muss. Diese Frage und somit auch die Gestaltung der Stimmzettel wird, durch einen Beschluss des Bundesrates vorgeschrieben, womit die Gestaltungskompetenzen einzig beim Bundesrat liegen.Die Funktion der Abstimmungsfragen und somit auch des Zettels besteht nur darin einen Link zum Gesetzeserlass zu machen. Es soll insbesondere keine weiteren Funktionen übernommen werden und keine weiteren Informationen bieten, denn diese sind gemäss geltender Bundesgerichtspraxis alle aus dem Abstimmungsbüchlein zu entnehmen.Folglich wird von jedem Stimmbürger erwartet, dass die dazugehörigen Abstimmungsunterlagen vor dem Urnengang studiert werden und man sich die zwingenden Informationen wie das Vorhandensein eines indirekten Gegenvorschlages beschafft. Für die Beurteilung der Ausgangslage bei einer Volksinitiative sowie für den Entscheidungsprozess ist die Kenntnisnahme über die alternative, weniger weitreichende Lösung vom Parlament zentral.Deshalb wäre es wünschenswert, jeweils beim Vorhandensein eines indirekten Gegenvorschlags einen direkten Verweis auf diese Alternative auf dem Stimmzettel zu erfassen. Mithilfe dieser kleinen Änderung könnte man einen grossen Mehrwert für die Stimmbürger schaffen und somit auch zur Transparenz in der Demokratie beitragen. Der Verweis sollte rein informativer Natur sein, die Stimmbürger nicht verwirren und den ordentlichen direktdemokratischen Gesetzgebungsprozess folgen.Für die Erfüllung des Motionsbegehrens kann der Bundesrat weiterhin seine Kompetenzen in der Beschlussfassung über den Inhalt des Stimmzettels beibehalten, aber er sollte die Erwartungen an die Stimmbürger verringern und wo möglich den Urnengang erleichtern.

Antwort des Bundesrates:

Indirekte Gegenvorschläge im Sinne von Artikel 73a Absatz 2 des Bundesgesetzes über die politischen Rechte (BPR; SR 161.1) stehen in der überwiegenden Mehrheit der Fälle in Konkurrenz zur betreffenden Volksinitiative. Das bedeutet, dass nur einer der beiden Regelungsvorschläge in Kraft treten kann. Zieht das Initiativkomitee sein Begehren nicht zugunsten des Gegenvorschlags zurück, so gelangt zunächst die Volksinitiative zur Abstimmung. In einem solchen Fall ist die Information über das Vorhandensein und den Inhalt des indirekten Gegenvorschlags ein wichtiges Element für die Meinungsbildung der Stimmberechtigten. Entsprechend enthalten die Erläuterungen des Bundesrates zur Volksinitiative auch ausführliche, durch gestalterische Mittel (farbige Infobox) zusätzlich hervorgehobene Informationen zum Gegenvorschlag. Der Gegenvorschlag ist zumeist auch ein wichtiges Argument, mit dem Bundesrat und Parlament die Volksinitiative zur Ablehnung empfehlen.Der Bundesrat informiert demnach im Rahmen seines gesetzlichen Auftrages (Art. 10a und Art. 11 Abs. 2 BPR) bereits heute ausführlich über bestehende Gegenvorschläge und schafft so Transparenz gegenüber den Stimmberechtigten. Von einem zusätzlichen Hinweis auf den Gegenvorschlag direkt auf dem Stimmzettel ist jedoch abzusehen. Denn die Abstimmungsfrage hat über die eindeutige Bezeichnung des zum Entscheid vorgelegten Erlasses hinaus keinen Informationsauftrag zu erfüllen. Sie hat insbesondere nicht auf alternative Regelungsansätze hinzuweisen, die – wie im Fall des Gegenvorschlags – nicht unmittelbar Gegenstand der Abstimmung sind (siehe auch Antwort des Bundesrates auf die Anfrage 15.1078 Rytz). Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung wäre es zudem unzulässig, ein entscheidendes Argument, das für oder gegen die Vorlage spricht, in die Abstimmungsfrage einzufügen (BGE 121 I 1, 106 Ia 20). Dies könnte der Fall sein, wenn im Kontext der Abstimmungsfrage zu einer Volksinitiative auf den Gegenvorschlag hingewiesen würde. Eine Anpassung der bundesrätlichen Praxis im Sinne der von der Motion geforderten Ergänzung der Stimmzettel wäre deshalb geeignet, die verfassungsrechtlich garantierte freie Willensbildung der Stimmberechtigten zu beeinträchtigen.

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