Dilettanten und Blender in der Krise

«Niemand konnte mit einer solchen Pandemie rechnen», «Niemand hätte vor einem Jahr gedacht, dass wir wieder Krieg in Europa haben», «Wir sind alle von der massiv steigenden Teuerung überrascht», «Niemand hat die Strommangellage vorausgesehen».

Was haben diese Aussagen gemeinsam?

Sie sind naiv oder schlicht gelogen, sie werden von Dilettanten und Blendern ausgesprochen und von naiven Nachplapperern übernommen. Natürlich konnte kaum jemand den exakten Verlauf der Pandemie voraussagen oder wissen, an welchem Datum Russland in die Ukraine einmarschieren wird oder wann genau die Inflation anzieht. Dass aber eine Pandemie zu den Risiken mit der höchsten Eintretenswahrscheinlichkeit gehört und weltweit gar nicht besonders aussergewöhnlich ist sowie durch die Globalisierung und damit den rasanten weltweiten Austausch die Wahrscheinlichkeit gestiegen ist, wissen wir seit Jahrzehnten. In der Sicherheitsverbundsübung 2014 wurde genau das Szenario einer Grippepandemie mit gleichzeitigem Stromausfall und langandauernder Strommangellage geübt.

Gleich verhält es sich mit dem Krieg. Der Sicherheitspolitische Bericht des Bundes zeigt klar auf, dass eine Eskalation in der Ukraine wahrscheinlich war. Spätestens seit der Annexion der Krim 2014, aber eigentlich bereits seit dem Georgienkrieg 2008 spricht man in Armee- und Nachrichtendienstkreisen von einer Zeitenwende und einem möglichen Einmarsch Russlands in die Ukraine. Für niemanden, der sich etwas auskennt, dürfte es (mit Ausnahme des exakten Zeitpunkts) eine grosse Überraschung gewesen sein.

Dass jemand selber etwas nicht für möglich gehalten oder nicht daran gedacht hat, ist nachvollziehbar und je nach dem, um welche Person es sich handelt, auch nicht weiter schlimm. Schlimm ist aber, wenn es vermeintliche Fachpersonen oder gar Entscheidungsträger sind. Schier unerträglich ist, wie diese von sich selbst auf andere schliessen. Menschen, die ernsthaft glauben, dass nur, weil sie sich persönlich etwas nicht vorstellen konnten, niemand damit gerechnet hätte, wollen uns für dumm verkaufen (oder sie sind am Ende selber nicht die hellsten Kerzen).

Bei der demonstrativen Zurschaustellung der eigenen Ahnungslosigkeit geht es darum, vom planlosen Handeln abzulenken oder dieses gar zu rechtfertigen. Doch dass sie nicht wissen, was sie tun, liegt selten daran, dass etwas eintritt, womit man nicht rechnen konnte.

Es hat damit zu tun, dass

  1. die Analysen der eigenen Fachleute nicht ernst genommen werden;
  2. dadurch die Szenarien nicht sauber vorbereitet und eingeübt werden und
  3. die Entscheidungsträger sich nicht an die vordefinierten und geübten Krisenabläufe halten (typische Politikerkrankheit).

Die Entscheidungsträger – und dazu gehören auch Regierungs- und vor allem die Bundesräte – müssen in den Krisenübungen wieder persönlich involviert sein und beübt werden, nur so verinnerlichen sie die nötigen Abläufe und nur so können die Verantwortlichen der Krisenorganisationen abschätzen, wer in der Krise funktioniert. Wir dürfen nicht mehr zulassen, dass Dilettanten und Blender regieren und in wichtigen Funktionen sitzen, denen es nur darum geht, ihr eigenes Gesicht zu wahren. Die nicht krisentauglich sind und aus dem Moment heraus, ohne Strategie bewährte Erfolgsmodelle über den Haufen werfen.

Merken Sie sich: Wenn diejenigen, die vor wenigen Monaten Inflation für einen Mythos gehalten haben, heute die wirksamsten Mittel gegen die Teuerung verkünden, dann müssen Sie skeptisch sein. Wenn diejenigen, die noch Anfang Jahr überzeugt waren, die Stromversorgung sei gesichert, fabulieren, dass wir nun halt etwas sparsamer sein sollten, dann müssen sie skeptisch sein.

Wenn die Armeeabschaffer Ihnen plötzlich erklären, wie Krieg funktioniert, und nach Waffenlieferungen schreien, dann müssen Sie ganz besonders skeptisch sein. Und wenn diejenigen, die nun über mehr als zwei Jahrzehnte behauptet haben, es gäbe keinen konventionellen Krieg mehr in Europa, nun die Aufgabe der Neutralität fordern, dann könnten Sie eigentlich laut lachen, wenn es denn nicht so ernst wäre. Vielleicht sollte man den Dilettanten und Blendern tatsächlich vermehrt mit Humor begegnen. Zumindest müssen wir aufhören, ihre vermeintlichen Rezepte ernst zu nehmen, und stattdessen wieder auf diejenigen hören, die zur Vorbereitung gemahnt haben und selber vorbereitet sind.

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