Die Schweiz verfügt derzeit über keine Krebsstrategie, da die Nationale Strategie gegen Krebs (NSK) 2014-2020 im Jahr 2020 geendet hat. Die Interpellation von Ständerätin Marina Carobbio (21.4454) vom 15. Dezember 2021 wurde vom Bundesrat ungenügend beantwortet. Der BR schiebt den Ball an die Akteure der Krebsversorgung zurück. Die Akteure sollen selber handeln. Die WHO empfiehlt ihren Mitgliedsstaaten einen nationalen Krebs- und Kontrollplan zu erarbeiten. Die EU treibt seit Februar 2021 den „Europe’s Beating Cancer Plan“ voran. In der Schweiz sind wir noch weit davon entfernt. Die Fragmentierung der Krebsversorgung und deren Akteure sowie die unterschiedliche Handhabe in den Kantonen verunmöglicht einen fairen Zugang zu Information, Prävention, Diagnose, Therapie und Nachsorge vollends. Die Akteure arbeiten teilweise in entgegengesetzte Richtungen, zuweilen auch gegeneinander. Das Misstrauen zwischen den einzelnen Akteuren ist in den letzten 20 Jahren kontinuierlich gewachsen, so dass eine gemeinsame Stossrichtung auf freiwilliger Basis keine Chance hat. Ineffizienzen, Fehl-, Unter- und Überversorgung sind die Folgen. Dies zum grossen Leidwesen und Nachteil der Krebspatienten*innen in unserem Land. Es ist nun Zeit zu handeln. Der Bund muss die Krebsversorgung aktiv und zentral steuern, und zwar so, dass alle Krebsbetroffenen in unserem Land – unabhängig davon, ob sie in einem grossen oder kleinen Kanton, auf dem Land oder in der Stadt oder in einer bestimmten Sprachregion wohnen – die gleichen Versorgungs- und somit Überlebenschancen haben. Die Pandemie hat der Bevölkerung vor Augen geführt, was es bedeutet, wenn der „Kantönligeist“ in wichtigen Fragen um sich schlägt. Das Thema Krebs ist zu wichtig, um es den Kantonen abzudelegieren. Hier braucht es eine kontrollierte, einheitliche und faire Lösung für alle Menschen in unserem Land. Ich fordere daher den Bundesrat auf einen nationalen, verbindlichen Entwurf für einen Schweizerischen Krebs- und Kontrollplan auszuarbeiten und dessen Umsetzung gemäss dem Vorbild des Europe’s Beating Cancer Plans mit den 4 Pfeilern den Kantonen in Auftrag zu geben – damit unsere Schweizer Krebsbetroffenen im Netz der 26 Schweizer Kantone nicht benachteiligt sind.
Grund des Vorstosses:
Krebs ist die zweithäufigste Todesursache in der Schweiz. Bald leben in der Schweiz 400 000 Menschen mit einer Krebsdiagnose. 42 500 Menschen erkranken jedes Jahr neu an Krebs und 17 000 Menschen sterben daran. 2030 werden in der Schweiz rund 500 000 „Cancer Survivors“ leben. Das Risiko, vor dem 70. Lebensjahr an Krebs zu sterben, beträgt für Männer 6 Prozent und für Frauen 5 Prozent. Gemäss einer repräsentativen Umfrage des Forschungsinstituts gfs.Bern bei rund 1500 Befragten Bürgerinnen und Bürgern ist die Zufriedenheit des Krebsversorgungssystems in der Schweiz hoch bis sehr hoch. Dies spricht für die Qualität der Schweizer Krebsversorgung. Vor allem die Versorgung im Spital sowie die Medikamenten- und Therapieversorgung geniessen ein hohes Ansehen in unserem Land. Wichtig ist aber auch: Krebsfrüherkennung bzw. Krebsprävention sowie die frühe Therapierung von Krebs haben für die Mehrheit der Schweizer Bevölkerung einen sehr hohen Stellenwert. So wären die Schweizer Krebsbetroffenen froh gewesen, wenn ihr Krebs früher entdeckt worden wäre und sie mehr Präventionsinformationen gehabt hätten. Trotz hoher Zufriedenheit mit der Versorgung insgesamt gibt es Kritik bei der Koordination der verschiedenen Stellen, der Dienstleistungen im Nicht-medizinischen-Bereich und der Unterstützung der pflegenden Angehörigen. Bemängelt wird auch die Hilfestellung und das Angebot für die so genannten Krebsüberlebende. Diese dank des Fortschritts von Forschung und Entwicklung stetig wachsende Gruppe fühlt sich in der Schweiz nicht genügend betreut bzw. vernachlässigt. 84 Prozent der Befragten sagen aus, dass es mehr Koordination der Akteure im Kampf gegen Krebs braucht und dass sie der Meinung sind, dass sich Prävention und Früherkennung von Krebs finanziell langfristig lohnen.
Antwort des Bundesrates:
Die Anliegen der vorliegenden Motion sind zu grossen Teilen identisch mit den Anliegen der Motion 23.3014 SGK-S Nationaler Krebsplan.Der Dialog Nationale Gesundheitspolitik hat im November 2017 entschieden, die Nationale Strategie gegen Krebs (NSK) nach Ende 2020 nicht weiterzuführen.Zum einen ist diese Entscheidung darauf zurückzuführen, dass einige der heute geltenden allgemeinen nationalen Strategien bereits die wichtigsten Problematiken im Bereich der Krebsbekämpfung abdecken. So befasst sich die Nationale Strategie zur Prävention nichtübertragbarer Krankheiten (NCD) mit den Herausforderungen der Prävention, während die Qualitätsstrategie des Bundes für das schweizerische Gesundheitswesen auf eine systematische und strukturierte Verbesserung der Qualität der Leistungen abzielt. Zum anderen wurde mit der gestaffelten Inkraftsetzung des Bundesgesetzes über die Registrierung von Krebserkrankungen (KRG, SR 818.33) per 1. Juni 2018 (Art. 31 und Art 33) und 1. Januar 2020 (restliche Bestimmungen) ein wichtiger Schritt zur Verbesserung der Datenlage umgesetzt.Darüber hinaus übernimmt das Oncosuisse Forum seit 2020 die Koordination der relevanten Projekte und Aktivitäten unter den Akteuren und führt somit die Arbeit der NSK weiter. Das Oncosuisse Forum hat sich von Anfang an als zuständige Netzwerkorganisation gut etabliert. Es bietet Themenplattformen an, organisiert nationale Netzwerkanlässe und arbeitet aktuell am Masterplan 2030. Dieser soll eine praktische Bestandsaufnahme der Aktivitäten und Herausforderungen im Bereich Krebs in der Schweiz beinhalten und als Diskussions- und Handlungsgrundlage für die zukünftigen Aktivitäten des Oncosuisse Forums dienen. Die Koordinationsarbeit des Oncosuisse Forums wird von den involvierten Akteuren als gut beurteilt.Wie bereits in der Stellungnahme auf die Motion 23.3014 SGK-S eingebracht, besteht nach Ansicht des Bundesrates auf politischer Ebene daher aktuell kein weiterer Koordinationsbedarf, welcher über die genannten Aktivitäten und Arbeiten hinausgeht. Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.