Motion SPK-N. Politische Rechte für Menschen mit Behinderungen

Wir behandeln die Motion, die eine Änderung von Artikel 136 Absatz 1 der Bundesverfassung fordert. Wir haben es gehört: Ziel ist es, Menschen mit Behinderungen das Stimm- und Wahlrecht zu garantieren. Diese Diskussion ist zweifellos wichtig, und die Anliegen der Befürworter sind ernst zu nehmen. Die derzeitige Formulierung der Bundesverfassung ist veraltet und entspricht nicht mehr dem heutigen Sprachgebrauch; wir haben es vom Kommissionssprecher gehört. Es geht uns hier jedoch nicht darum, Menschen mit Behinderungen von politischen Rechten auszuschliessen. Vielmehr geht es – auch das haben wir gehört – spezifisch um Personen, die unter umfassender Beistandschaft stehen und damit nicht in der Lage sind, selbstständig zu entscheiden.

Früher, im alten Recht, gab es die sogenannte Entmündigung. Das ist heute überholt. Wir finden dies aber noch in der umfassenden Beistandschaft. Das Zivilgesetzbuch sagt zur umfassenden Beistandschaft: „Die Handlungsfähigkeit der betroffenen Person entfällt von Gesetzes wegen.“ Die Beistandschaft bezieht sich auf alle Angelegenheiten der Personensorge, der Vermögenssorge und des Rechtsverkehrs. Diese Personen sollen nun politische Rechte erhalten, sowohl aktives als auch passives Wahlrecht. Das geht eindeutig zu weit.

Wenn auch die Formulierung veraltet ist, betrifft der Artikel in der Bundesverfassung nicht pauschal Menschen mit Behinderungen, sondern ausschliesslich jene unter umfassender Beistandschaft. Dieser Unterschied ist mir sehr wichtig. Wer unter umfassender Beistandschaft steht, ist nicht mehr in der Lage, selbst über die eigenen Angelegenheiten zu bestimmen.

Die Motion schlägt vor, diesen Ausschluss von den politischen Rechten nun aufzuheben, ohne eine klare Regel zu schaffen, wie denn das konkret funktionieren soll. Das öffnet dem Missbrauch Tür und Tor. Man muss sich dann immer fragen, wer denn das Stimmrecht eigentlich ausübt. Wir haben heute die Situation, dass Berufsbeistände teilweise 30 Klienten betreuen und für jeden von ihnen einen Stimm- oder Wahlzettel erhalten. Ohne die Berufsbeistände unter pauschalen Verdacht stellen zu wollen, stellt sich da schon die Frage, wer dann wirklich entscheidet. Die Gefahr der Fremdbestimmung kann nicht ignoriert werden. In einer Demokratie müssen wir aber sicherstellen, dass jede Stimme tatsächlich die Meinung der Person widerspiegelt, die sie abgegeben hat.

Wirklich grotesk wird es dann bei der Frage des passiven Wahlrechts. Da wäre es dann also möglich, dass eine Person, die nicht über ihre eigenen Finanzen bestimmen darf, in eine Gemeindeexekutive gewählt und dort beispielsweise Finanzvorsteher würde. Das wäre ja geradezu absurd. Jetzt kann man sagen, dass das nie vorkommen würde, weil man eine solche Person nicht wählen würde. Aber dann muss ich mich fragen: Warum steht diese Person unter umfassender Beistandschaft? Das ist die grundlegende Frage. Wie ist es möglich, dass es in diesem Land offensichtlich Menschen gibt, denen man zutraut, politische Rechte wahrzunehmen, die aber dennoch unter einer umfassenden Beistandschaft stehen? Das ist doch der eigentliche Skandal.

Wir sehen, dass der Kanton Waadt – ich habe hier nur die Zahlen von 2019, aber das Verhältnis ist immer noch gleich – mit etwa 800[NB]000 Einwohnerinnen und Einwohnern fast 4000 Personen unter umfassender Beistandschaft hatte, während der Kanton Bern mit etwas mehr als 1 Million Einwohnerinnen und Einwohnern nur 660 Personen unter umfassender Beistandschaft hatte. Da entsteht schon etwas der Eindruck, dass unsere lieben Kolleginnen und Kollegen aus der Romandie einfach wahnsinnig viele Leute unter umfassende Beistandschaft stellen und dann sagen: Ja, aber jetzt müssen wir ihnen politische Rechte geben. Der richtige Weg wäre doch, viel genauer zu prüfen, sodass nur diejenigen Personen eine umfassende Beistandschaft erhalten, die wirklich nicht über ihre eigenen Belange entscheiden können. Diese Personen können das dann eben auch im Politischen nicht tun.

Ich komme zum Schluss. Auch in anderen Bereichen wie im Strafrecht oder im Vertragsrecht wird die Urteilsfähigkeit vorausgesetzt. Warum soll die Urteilsfähigkeit bei den politischen Rechten plötzlich keine Rolle mehr spielen? Die Urteilsfähigkeit ist die Voraussetzung für die Wahrnehmung politischer Rechte, und wer urteilsfähig ist, darf nicht unter umfassender Beistandschaft stehen.

Ich bitte Sie deshalb, die Motion abzulehnen.

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