Vorab möchte ich all denjenigen, die noch da sind, ganz herzlich für die interessante Diskussion von heute Abend danken. Es wurde wohl schon alles gesagt, nur noch nicht von jedem.
Die Heiratsstrafe gehört abgeschafft, darin sind sich alle einig. Ich habe niemanden gehört, der die Heiratsstrafe nicht abschaffen will. Die Individualbesteuerung ist ein Bürokratiemonster; die einen behaupten, das sei nicht so, aber es ist ganz offensichtlich so. Diese Heiratsstrafe kann anderweitig beseitigt werden. Da frage ich mich, weshalb die Befürworterinnen und Befürworter derart auf der Individualbesteuerung beharren. Es ist letztlich ein Angriff auf die Ehe als Wirtschaftsgemeinschaft; das wurde in vielen Voten heute Abend sehr deutlich.
Weil am heutigen Abend wahrscheinlich schon fast alles gesagt wurde, möchte ich Ihnen eine wunderschöne Passage zitieren, um zu später Stunde vielleicht noch etwas Ihre Herzen zu öffnen, einen der romantischsten Texte, die ich kenne. Im Zivilgesetzbuch, Artikel 159 Absatz 1, heisst es: „Durch die Trauung werden die Ehegatten zur ehelichen Gemeinschaft verbunden.“ Absatz 3 lautet: „Sie schulden einander Treue und Beistand.“ Artikel 163 Absatz 1 besagt: „Die Ehegatten sorgen gemeinsam, ein jeder nach seinen Kräften, für den gebührenden Unterhalt der Familie.“ In Absatz 2 heisst [PAGE 1597] es: „Sie verständigen sich über den Beitrag, den jeder von ihnen leistet, namentlich durch Geldzahlungen, Besorgen des Haushaltes, Betreuen der Kinder oder durch Mithilfe im Beruf oder Gewerbe des andern.“ Dann noch ganz wichtig – was vielen vielleicht gar nicht so bewusst ist, man sollte sich das zwischendurch wieder in Erinnerung rufen – Artikel 164 Absatz 1: „Der Ehegatte, der den Haushalt besorgt, die Kinder betreut oder dem andern im Beruf oder Gewerbe hilft, hat Anspruch darauf, dass der andere ihm regelmässig einen angemessenen Betrag zur freien Verfügung ausrichtet.“ Da frage ich mich dann: Müsste dann dieser Betrag bei der Steuererklärung des einen Gatten abgezogen und bei derjenigen des anderen Gatten als Einkommen wieder aufgeführt werden? Nein, das ist alles Quatsch, die Ehe ist eine Wirtschaftsgemeinschaft.
Ich habe gehört – ich habe heute Abend erstaunliche Dinge gehört -, der Zivilstand dürfe keinen Einfluss auf die Besteuerung haben. Dieser Satz widerspricht diametral dem Grundsatz der Ehe als Wirtschaftsgemeinschaft. Sie geben zu, dass Sie diesen abschaffen wollen. Kollege Glättli, der leider nicht mehr im Saal ist, hat moniert, die Frauen seien kein individuelles Wirtschaftssubjekt, sondern eben nur „P2“ in der Steuererklärung. Andere haben das auch gesagt – Kollegin Weichelt, Kollege Molina. Ja, natürlich sind Frauen Wirtschaftssubjekte, genauso wie die Männer. Doch im Moment, in dem sie die Ehe eingehen, bilden sie eine Wirtschaftsgemeinschaft, der Ehemann genauso wie die Ehefrau, gemeinsam, miteinander.
Dass es eben nicht um die Gleichstellung der Lebensmodelle geht, zeigen die zahlreich geäusserten Vorwürfe z.[NB]B. an die Mitte, man wolle sich nicht von konservativen Weltanschauungen lösen. Die Befürworterinnen und Befürworter geben also zu, dass es darum geht, das traditionelle Modell zu benachteiligen, was bei der Individualbesteuerung eben faktisch der Fall ist, wenn jemand voll und ganz für die Familie da ist und jemand hundert Prozent des Erwerbseinkommens generiert.
Kollegin Christ sagt, beim Vermögen sei das überhaupt nicht kompliziert, man wisse ja genau, was wem gehört. Ja, ich weiss, was ich und was meine Frau in die Ehe mitgebracht haben, und ich weiss, was wir seit der Eheschliessung erarbeitet haben, was also unser ist, unser gemeinsames Vermögen. Aber ich stelle hier fest, dass die Begriffe wie „wir“ und „unser“ hier irgendwo nicht mehr so geläufig sind und man das irgendwie als tradiert und altbacken abtun will. Ich und meine Frau, wir stehen zu diesem Konzept, und ich denke, das tun mit uns auch Tausende in diesem Land. Ich erachte es auch als Affront gegen alle Eheleute, die sich voll und ganz oder hauptsächlich um die Kinderbetreuung und den gemeinsamen Haushalt kümmern. Mit der Individualbesteuerung werten Sie diese Arbeit ab.
Ja, die Heiratsstrafe muss abgeschafft werden. Das können wir mit Steuerpolitik tun – tun Sie das nicht mit Gesellschaftspolitik.