Der BR wird beauftragt, zu prüfen und Bericht zu erstatten, ob eine Gesetzesänderung zwecks Rückübertragung der Zuständigkeit zur Aufenthaltsbeendigung bei ausländischen Straftätern auf die Migrationsbehörden unter den Gesichtspunkten
- der Entlastung der Strafjustiz;
- der Verfahrensdauer; und
- der mit der Ausschaffungsinitiative beabsichtigten Verschärfung der Praxis;
Optimierungspotenzial verspricht und daher angezeigt ist.
Grund des Vorstosses:
Im Zuge der Umsetzung der Ausschaffungsinitiative wurde im Jahr 2016 die Landesverweisung im StGB eingeführt. War die Aufenthaltsbeendigung bis dahin Sache der Migrationsämter, sind seither die Strafgerichte dafür zuständig. Als Vorteil der neuen Zuständigkeit sah man v.a. den Umstand, dass dadurch im Strafurteil sofort über die Aufenthaltsbeendigung entschieden werde, womit die Verfahren beschleunigt würden. Diese Hoffnung hat sich aus mehreren Gründen zerschlagen:
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Die Verlagerung ist einer der Hauptgründe für die chronische Überlastung der Strafjustiz: Sie hat mit der Prüfung der Landesverweisung eine neue Aufgabe übernommen, die grossen Aufwand und hohe Kosten verursacht.
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Ausländische Straftäter haben einen Anreiz, den gesamten Instanzenzug auszuschöpfen, obwohl sie die strafrechtliche Verurteilung – ausser der Landesverweisung – anerkennen. Das hat eine massive Verlängerung der Verfahren zur Folge.
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Der stark formalisierte Strafprozess führt im Vergleich zum verwaltungsrechtlichen Verfahren zu einer Verkomplizierung und Verteuerung.
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Es stellen sich schwierige Abgrenzungsfragen bzgl. Zuständigkeit (Art. 62 Abs. 2 AIG). Die Rechtsunsicherheit wird dadurch verstärkt, dass bzgl. Aufenthaltsbeendigung nebeneinander strafrechtliche und verwaltungsrechtliche Praxen bestehen, die teils nicht koordiniert sind.
- Indem eine Straftat als Beendigungsgrund im Strafprozess behandelt wird, andere Beendigungsgründe (z.B. Sozialhilfebezug, Schulden, Integrationsdefizit) hingegen im Verwaltungsverfahren, fehlt die Gesamtsicht, die früher oft ausschlaggebend dafür war, einen Ausländer des Landes zu verweisen.
Insgesamt dürfte sich die Praxis entgegen der Intention der von Volk und Ständen angenommenen Ausschaffungsinitiative eher entschärft haben. Gerade im Strafbefehlsverfahren wird auch in obligatorischen Fällen sehr oft auf Landesverweisungen verzichtet, um nicht Anklage erheben zu müssen. Die Zahlen, welche der Bundesrat kürzlich lieferte, sprechen Bände.