Im Kanton Zürich wurde eine kantonale Initiative eingereicht, die die Durchsetzung einer 7-stündigen Nachtflugsperre zwischen 23.00 und 6.00 Uhr und damit eine Reduktion der heute geltenden Betriebszeiten von 06.00 – 23.30 um 30 Minuten verlangt. Die Initiative stellt einen Direktangriff auf den Drehkreuz-Betrieb am Flughafen Zürich dar, der die wichtige kontinentale und interkontinentale Anbindung der Schweiz an die Welt nachhaltig schädigen würde. Ein Rechtsgutachten von Prof. Dr. Uhlmann bestätigt nun, dass die Initiative gegen übergeordnetes Bundesrecht verstösst, denn die Betriebszeiten des Flughafens Zürich sind abschliessend im Bundesrecht geregelt und im SIL Objektblatt festgehalten. Auf dessen Grundlage basiert das Betriebsreglement des Flughafens Zürich.
In der Antwort zu einer früheren Interpellation (23.4391) hat der Bundesrat geschrieben, dass sich der Bund nicht zur Rechtswidrigkeit äussert, bevor er nicht vom Kanton zu einer Stellungnahme eingeladen worden ist.
Aus diesem Grund bitte ich den Bundesrat um die Beantwortung folgender Fragen:
- Wurde der Bund vom Kanton Zürich zu einer Stellungnahme eingeladen?
- Wenn ja: teilt der Bundesrat die Einschätzung, dass die in der Initiative geforderten Betriebszeiten von 06.00 – 23.00 ohne Möglichkeit eines zusätzlichen bewilligungsfreien Verspätungsabbaus dem übergeordneten Recht, namentlich SIL, widersprechen?
- Wie beurteilt der Bundesrat eine Ausdehnung der Nachtflugsperre am Flughafen Zürich mit dem Bundesauftrag ein interkontinentales Drehkreuz zu betreiben?
- Welche Bedeutung kommt dem Verspätungsabbau für unvorhergesehene Ereignisse wie Wetter, Luftraumbeschränkungen oder technische Defekte an Flugzeugen zu?
- Bei welchen weiteren Punkten sieht der Bundesrat einen Widerspruch zum nationalen Recht?
Antwort des Bundesrates:
1. Ja, die Volkswirtschaftsdirektion des Kantons Zürich hat das Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) im Sommer 2024 um eine Beurteilung der kantonalen Initiative aus Bundessicht gebeten. Das BAZL hat seine Einschätzung mit den Bundesämtern für Justiz (BJ) und Raumentwicklung (ARE) abgestimmt.
2. Zweck und Funktion der Landesflughäfen sind im Konzeptteil des Sachplans Verkehr, Teil Infrastruktur Luftfahrt (SIL), dem Planungs- und Koordinationsinstrument des Bundes, festgelegt. Gemäss Objektblatt des SIL für den Flughafen Zürich soll dieser die Voraussetzungen schaffen, damit Fluggesellschaften gute Direktverbindungen in Europa und zu wichtigen Destinationen weltweit anbieten und dabei im Wettbewerb mit ihrer Konkurrenz auf anderen Flughäfen bestehen können. Dazu soll ein Drehkreuzbetrieb möglich sein. Aus dem SIL-Objektblatt sowie aus dem genehmigten Betriebsreglement ergibt sich, dass der Flughafen für den Flugverkehr täglich von 06.00 bis 23.30 Uhr geöffnet ist, wobei der Zeitraum zwischen 23.00 und 23.30 Uhr ausschliesslich für gegenüber dem Flugplan verspätete Starts und Landungen vorgesehen ist. Die Nachtruhe-Initiative mit den vorgeschlagenen Massnahmen zur Einhaltung einer siebenstündigen Nachtruhe läuft diesen Festlegungen zuwider. Für Kanton, Gemeinden und den Flughafen sind die Festlegungen des SIL verbindlich (vgl. Art. 22 der Raumplanungsverordnung, RPV).
3./ 4. Wie bereits in der Antwort zur Interpellation Hübscher (24.3711) ausgeführt, würde eine Einschränkung der Betriebszeiten das gesamte Betriebskonzept der Fluggesellschaft Swiss und damit einen grossen Teil ihrer abendlichen Interkontinental-Verbindungen wie auch viele davon abhängende Europa-Verbindungen in Frage stellen. Die betrieblichen Bedingungen am Flughafen Zürich wären nicht mehr konkurrenzfähig zu vergleichbaren Drehkreuzen in Europa. Eine weitere Einschränkung der Betriebszeiten am Flughafen Zürich ist für den Bundesrat deshalb kein Thema.
Für ausserordentliche und unvorhergesehene Ereignisse kann der Flughafen aufgrund von Art. 39d Abs. 2 der Verordnung über die Infrastruktur der Luftfahrt (VIL) Ausnahmebewilligungen ausserhalb der Betriebszeiten erteilen.
5. In einzelnen Bestimmungen der Nachtruhe-Initiative erkennt der Bundesrat einen möglichen Konflikt mit den Zuständigkeitsregeln des Luftfahrtgesetzes (LFG) und der VIL. So obliegt die Aufsicht über die Luftfahrt nach Art. 3 LFG dem Bund. Zudem regelt Art. 39d VIL die Ausnahmen von den Nachtflugbeschränkungen abschliessend.