Der Bundesrat wird beauftragt, die notwendigen Grundlagen für eine Ausweitung der Mitwirkungspflicht bei Administrativuntersuchungen zu schaffen, damit juristische und natürliche Personen, welche in einem Vertragsverhältnis zum Bund stehen oder standen sowie ehemalige Mitarbeitende der Bundesverwaltung der Mitwirkungspflicht im Sinne von Art. 27g Abs. 2 RVOV unterstehen.
Grund des Vorstosses:
Zahlreiche Aufgaben der Bundesbehörden werden durch Dritte erfüllt. Die Mitwirkungs- oder Aussagepflicht bei Administrativuntersuchungen erstreckt sich jedoch nicht auf betroffene Personen ausserhalb der Bundesverwaltung (Art. 27h Abs. 3 RVOV).
Im Bericht zur Administrativuntersuchung «Datenabfluss» stellt die mit der Untersuchung betraute Kanzlei OBERSON ABELS AG fest: «Dass Dritte nicht zur Zusammenarbeit verpflichtet sind, ist eine Beschränkung, die jede Administrativuntersuchung gemäss Art. 27a ff. RVOV gemein hat (vgl. Art. 27h Abs. 3 R VOV). Im vorliegenden Fall stellte sie in mehrfacher Hinsicht ein Hindernis für die Ermittlung des Sachverhalts dar.»
So weigerte sich Xplain zum Beispiel, die angeforderten Informationen und Dokumente bereitzustellen. Zudem reagierten weder die sieben kontaktierten Mitarbeiter noch der ehemalige CEO von Xplain auf die Aufforderungen zu einer Befragung. Trotz dieser Mitwirkungsverweigerung erhält die Xplain AG weiterhin lukrative Aufträge vom Bund.
Gemäss geltender Lehre sind zudem auch ehemalige Mitarbeitende als Dritte zu betrachten, die nicht zur Zusammenarbeit verpflichtet sind (vgl. Art. 27g Abs. 2 a contrario und Art. 27h Abs. 3 RVOV).»
So weigerte sich im vorliegenden Beispielfall ein ehemaliger Kader von fedpol (2002–2018), seiner Einladung zu einer Befragung Folge zu leisten.
Bei Untersuchungen der parlamentarischen Aufsichtsorgane können hingegen Auskünfte von Personen und Amtsstellen ausserhalb der Bundesverwaltung eingeholt und Unterlagen eingefordert werden (Art 153 Abs 2 ParlG). Dies gilt auch für Personen ausserhalb der Bundesverwaltung, die früher im Dienst des Bundes gestanden sind.
Die fehlende Mitwirkungspflicht von Vertragspartnern und ehemalige Mitarbeitenden bei Administrativuntersuchungen behindert die Arbeit des Untersuchungsorgans, schmälert die Qualität der Untersuchung und verhindert wichtige Erkenntnisse zur Behebung von Mängeln sowie zur Implementierung von Massnahmen im öffentlichen Interesse
Antwort des Bundesrates:
Die Administrativuntersuchung ist als Instrument der verwaltungsinternen Dienstaufsicht konzipiert. Sie richtet sich nicht gegen bestimmte Personen, sondern dient dazu, festzustellen, ob ein Sachverhalt vorliegt, der im öffentlichen Interesse ein Einschreiten von Amtes wegen erfordert (Art. 27a der Regierungs- und Verwaltungsorganisationsverordnung [RVOV; SR 172.010.1]). Die Pflicht, an der Feststellung des Sachverhalts mitzuwirken, besteht nur für Behörden und Angestellte des Bundes (Art. 27g Abs. 2 RVOV). Die Mitwirkungspflicht der Bundesangestellten folgt aus ihrem in der Regel auf dem Bundespersonalgesetz (BPG; SR 172.220.1) beruhenden Arbeitsverhältnis mit dem Bund. Dritte hingegen können zwar ebenfalls als Auskunftspersonen angehört werden. Es steht ihnen aber frei, die Auskunft zu verweigern (Art. 27h Abs. 3 RVOV). Eine Ausweitung der Mitwirkungspflicht auf Dritte hätte weitreichende Folgen und würde eine vollständige Änderung der Konzeption der Administrativuntersuchung als Instrument der internen Dienstaufsicht bedeuten. Damit würde eine Art Verwaltungspolizei geschaffen: Die Untersuchungsbehörden könnten auch Personen ausserhalb der Bundesverwaltung zur Mitwirkung verpflichten und für den Fall der Nichtkooperation müssten entsprechende Sanktionen vorgesehen werden, damit die Mitwirkungspflicht durchgesetzt werden kann. Zudem wäre zu prüfen, ob die Untersuchungsbehörden über Befugnisse zum Ergreifen von Zwangsmassnahmen gegenüber Dritten verfügen müssen.
Im Falle von Vertragsverletzungen oder eines strafrechtlich relevanten Fehlverhaltens externer Vertragspartner stehen dem Bund zivilrechtliche oder strafrechtliche Mittel zur Verfügung. Auch ehemalige Mitarbeitende können bei entsprechendem nachträglich entdecktem Fehlverhalten strafrechtlich verfolgt werden.
Der Bundesrat beantragt die Ablehnung der Motion.