Wir bitten den Bundesrat, die folgenden Fragen im Zusammenhang mit der interprofessionellen (IP) Zusammenarbeit in der Ausbildung der Gesundheitsberufe zu beantworten.
- Wie beurteilt der Bundesrat die Ausbildung der IP in der Ausbildung der Gesundheitsberufe?
- Ist die IP Ausbildung im Medizinstudium, in der Pflegeausbildung sowie der Ausbildung weiteren Gesundheitsberufe aus Sicht des Bundesrates genügend berücksichtigt und qualitativ hochstehend? Falls ja: Wieso? Falls nein: Wieso nicht?
- Gibt es aus Sicht des Bundesrates politischen Handlungsbedarf in der Ausbildung der Gesundheitsberufe mit Bezug auf Institutionen, bei welchen die politischen Akteure involviert sind?
Grund des Vorstosses:
Das Programm «Interprofessionalität im Gesundheitswesen» hat in einer ersten Phase von 2017 bis 2020 mit insgesamt 3 Millionen Franken die Forschung zu interprofessioneller Bildung und Berufsausübung sowie die Analyse und Dokumentation von Modellen guter Praxis unterstützt gemäss bundesrätlicher Antwort vom 22.8.2018 auf die Interpellation 18.3477. Es wurde auch festgehalten, dass eine zweite Phase geprüft werden soll.
Das Gesundheitssystem steht vor zahlreichen Herausforderungen: alternde Bevölkerung, Zunahme chronischer und psychischer Erkrankungen, steigende Kosten und Mangel an Gesundheitsfachkräften. Die Versorgung durch IP-Teams ist eine der Lösungen, um Kontinuität, Qualität und Sicherheit der Versorgung zu ermöglichen und die Nachhaltigkeit des Gesundheitssystems zu sichern.
Zu den Vorteilen der IP-Zusammenarbeit zählen: Positiver Einfluss auf die Behandlungsqualität, das Wohlbefinden der Patienten, die Einbeziehung der Patienten in den Entscheidungsprozess und die Förderung der Gesundheitskompetenz der Patienten. IP bietet eine Antwort auf den Fachkräftemangel, erhöht die Arbeitszufriedenheit und verringert das Risiko eines vorzeitigen Ausscheidens aus dem Berufsleben. Es resultieren weniger und kürzere Krankenhausaufenthalte und Konsultationen auf den Notfallstationen in Krankenhäusern sowie optimale Aufteilung der Humanressourcen.
Es erscheint sinnvoll, IP bereits in die Aus- und Weiterbildungscurricula zu integrieren. Real-World-Szenarien wie IP Clinical Training Stations oder Simulationen wurden als die effektivsten Lehrformate anerkannt, die Zürcher interprofessionelle klinische Ausbildungsstation und das Centre de simulation interprofessionnelle de Genève sind gute Beispiele dafür.
Antwort des Bundesrates:
1.+2. Der Bundesrat ist mit der Interpellantin einig, dass interprofessionelle Zusammenarbeit die Qualität der Gesundheitsversorgung stärkt, und dass die dafür notwendigen Kompetenzen als Basis für die spätere Berufsausübung bereits in der Aus- und Weiterbildung vermittelt werden müssen. Dies ging auch aus dem Policy Brief «Bildung» des Förderprogramms «Interprofessionalität im Gesundheitswesen 2017-2020» hervor (Förderprogramm Interprofessionaliät, vgl. www.bag.admin.ch > Strategie & Politik > Nationale Gesundheitspolitik > Förderprogramme der Fachkräfteinitiative plus > Förderprogramm «Interprofessionalität im Gesundheitswesen 2017-2020» > Policy Briefs > «Bildung»).
Das Medizinalberufegesetz (MedBG; SR 811.11), das Gesundheitsberufegesetz (GesBG; SR 811.21) und das Psychologieberufegesetz (PsyG; SR 935.81) bilden den rechtlichen Rahmen für die Einbettung von Interprofessionalität in der Bildung von Gesundheitsfachpersonen. Das MedBG und das PsyG legen die Anforderungen an die Aus- und/oder Weiterbildung fest, das GesBG regelt die in der Ausbildung geforderten Abschlusskompetenzen der Absolvierenden.
Zu den Anforderungen bzw. Abschlusskompetenzen gehört u.a. die Fähigkeit zur Zusammenarbeit mit Angehörigen anderer Berufsgruppen. Die regelmässigen Akkreditierungen stellen sicher, dass die Aus- bzw. Weiterbildungsgänge es den Absolvierenden erlauben, die Ziele des jeweiligen Gesetzes zu erreichen bzw. die geforderten Abschlusskompetenzen zu erwerben. Der Bundesrat kann sich jedoch nicht zur Ausgestaltung einzelner Curricula äussern, da diese in der Kompetenz der Hochschulen liegt.
3. Grundsätzlich nimmt der Bundesrat von Seiten der Bildungsanbieter ein grosses Engagement in Bezug auf die Interprofessionalität in der Aus- und Weiterbildung wahr. Viele Hochschulen bieten bereits entsprechende Module oder Bildungsgänge an, und sie entwickeln im Rahmen ihrer regelmässigen Lehrplanüberprüfungen neue, innovative Bildungsinhalte, welche die Studierenden auf die spätere interprofessionelle Zusammenarbeit vorbereiten.
Gemäss einem Bericht des Obsan von 2023 (www.obsan.ch > Publikationen > «Zukünftige ambulante Grundversorgung: Einstellungen und Präferenzen von Medizinal- und Gesundheitsfachpersonen ausgewählter Berufsgruppen») sehen die befragten Berufsgruppen aber trotz der bestehenden Angebote noch Optimierungspotenzial in der interprofessionellen Bildung. Das Förderprogramm «Effizienz in der medizinischen Grundversorgung», das die Arbeiten des Förderprogramms Interprofessionalität im Rahmen der Umsetzung der Pflegeinitiative ab Mitte 2024 weiterführen wird, kann hier entsprechende Akzente setzen, indem es gezielt Projekte mit Fokus Interprofessionalität in der Bildung und Berufsausübung finanziell unterstützen wird.
Chronologie:
Keine Diskussion verlangt
14.06.2024