Die brutale Massenschlägerei unter Anhängern und Gegnern der eritreischen Regierung von Anfang September im Kanton Zürich ist der neuste Höhepunkt eines bereits lange schwelenden Konfliktes innerhalb der eritreischen Diaspora in der Schweiz.
Was unternimmt der Bundesrat dagegen, dass solche innerstaatliche Konflikte von Migranten in der Schweiz ausgetragen werden?
Antwort des Bundesrates:
Die eritreische Regierung lässt Zwangsrückführungen aus westlichen Staaten prinzipiell nicht zu. Westliche Staaten können somit keine Rückführungen nach Eritrea durchführen, unabhängig von ihrer diplomatischen Präsenz oder ihrem sonstigen Engagement im Land. Dennoch hat die Schweiz ihre diplomatische Tätigkeit in Eritrea wieder verstärkt, seit Reisen nach Eritrea nach der COVID-Pandemie wieder möglich sind. Die Schweiz steht in regelmässigem Austausch mit Eritrea und es besteht eine Kooperation im Bereich der Identifikation. Eritrea ist aber derzeit nicht bereit, Rückübernahmeabkommen mit westlichen Staaten abzuschliessen. Das SEM hat dieses Jahr vor Ort im Rahmen von diplomatischen Bemühungen Gespräche mit den eritreischen Behörden geführt. Zusätzlich fanden Gespräche mit der eritreischen Mission in Genf und mit Vertretern Eritreas in Berlin im Rahmen des Khartum-Prozesses statt.
Das SEM prüft in allen Asylverfahren die geltend gemachte Staatsangehörigkeit der Gesuchsteller. Wenn konkrete Hinweise bestehen, dass eine Person aus Äthiopien stammt, wird die Staatsangehörigkeit entsprechend angepasst und die Wegweisung nach Äthiopien angeordnet und geprüft, ob der Vollzug der Wegweisung zulässig, zumutbar und möglich ist.
Das SEM hat in der Vergangenheit tatsächlich festgestellt, dass sich Personen aus Nachbarstaaten, die Landessprachen Eritreas sprechen – etwa Tigrayer aus Äthiopien -, als Eritreer ausgegeben haben. Das SEM hat die Asylbefragerinnen und -befrager gezielt geschult, unter anderem anhand von Landeskenntnissen, solche Falschangaben aufzudecken. Zudem besteht die Möglichkeit, durch Experten und Expertinnen eine Sprach- und Herkunftsanalyse durchführen zu lassen. Dadurch haben solche Falschangaben stark abgenommen. Seit Ausbruch des Kriegs in Tigray 2020 machen äthiopische Tigrinya-Sprechende ohnehin tendenziell Asylgründe im Zusammenhang mit dem Krieg in Äthiopien geltend. Schliesslich haben eritreische Primärgesuche insgesamt stark abgenommen.
Eine Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung kann widerrufen werden, wenn jemand erheblich oder wiederholt respektive schwerwiegend gegen die öffentliche Sicherheit und Ordnung verstossen hat, diese gefährdet oder die innere oder äussere Sicherheit gefährdet. Ein Asylwiderruf ist grundsätzlich möglich, wenn ein Flüchtling für ein Verbrechen mit einer Strafandrohung von mindestens drei Jahren rechtskräftig verurteilt wird. Die Tat müsste überdies als besonders verwerflich eingestuft werden können.
Eine Teilnahme an regimefreundlichen Anlässen allein – auch wenn es dabei zu Ausschreitungen kommt –, dürfte zur Erfüllung dieser gesetzlichen Voraussetzungen nicht ausreichen. Es muss immer eine Prüfung in Einzelfall erfolgen und jede Massnahme muss verhältnismässig sein. Bis zum Abschluss der polizeilichen Ermittlungen und allfälligen Strafverfahren können keine ausländerrechtlichen respektive asylrechtlichen Massnahmen auf Grundlage der jüngsten Auseinandersetzungen eingeleitet werden. Das SEM ist mit seinen Sicherheitspartnern im engen Austausch.
Die Kantone können aufgrund ihrer Zuständigkeit polizeiliche Massnahmen wie Platzverweise und Rayonverbote aussprechen. Das Bundesamt für Polizei (fedpol) hat hingegen begrenzte präventive Handlungsmöglichkeiten. Diese umfassen polizeiliche Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit wie Einreiseverbote und Ausweisungen, die strafrechtliche Verfolgung zur Bekämpfung der Schwerstkriminalität und den Schutz von Personen und Gebäuden in der Verantwortung des Bundes. Der Bund hat weder eine Kompetenz, Diasporaveranstaltungen zu verbieten oder zu beschränken noch bei Spannungen innerhalb einer Diaspora als Mediator einzugreifen. Das Thema wird nun aber in den sicherheitspolitischen Führungsgremien des Bundes (Kerngruppe Sicherheit) sowie den gemeinsamen Gremien von Bund und Kantonen aufgenommen, um dort – unter Einbezug aller relevanten Stellen – möglichen Handlungsbedarf zu besprechen.